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15. Dezember 2016
In der Pubertät flammen viele Konflikte zwischen Eltern und Kindern, aber auch zwischen Jugendlichen untereinander auf. Auf Anregung der Schulsozialarbeiterinnen konnten in der Mehrzweckhalle Breite zwei Vortragsabende zu den Themen rund um Erziehung und Pubertät angeboten werden. Der bekannte deutsche Erziehungswissenschafter Dr. Jan-Uwe Rogge fand für seine Referate zweimal ein grosses Publikum. Annelies Seelhofer-Brunner berichtet.
Besonders grosses Gewicht legte der Referent auf die Feststellung, dass Erziehung immer eine Sache von Beziehung sei. Kinder wollen in ihrer Eigenart wahrgenommen, geliebt und erzogen werden. Geduld und Gelassenheit sind dabei ganz wichtige Werte. Kinder kommen mit einem eigenen Temperament auf die Welt, brauchen Zeit und Raum zum Spielen, zur Entfaltung und zum Träumen. Kinder möchten ihre eigenen Oasen haben, auch einmal unbeaufsichtigt sein.

Drama in vier Akten
Pubertierende sind, so Jan-Uwe Rogge, eigentliche Höhlenmenschen, nichts darf ordentlich aussehen, das Zimmer ist für Aussenstehende – also auch für die Mutter – tabu. Und doch erwarten pubertierende Jugendliche, dass ihre Eltern verlässlich, beziehungsmächtig und anteilnehmend sind. Von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt dauert es oft nur Sekunden. Als Trost fügte der Referent an: «Man weiss, dass diese Phase einmal enden wird. Aber wann, das ist nicht genau definiert.»
Der Gruppenzwang ist in diesem Lebensabschnitt ein wichtiger Faktor, beispielsweise bei der Kleiderwahl oder bei Freizeitvergnügen. Buben haben in ihren Reihen eine klare Hierarchie, bei Bedarf wird diese auch handgreiflich ausgemacht. Bei Mädchen ist die Gefahr eines Zickenkriegs grösser. Wenn moderne Eltern Erziehung «im Guten» versuchen, gibt es laut Rogge ein Drama in vier Akten: da ist einmal die «Bitte-Fraktion» die meint «Lass es bitte sein!» - doch das Kind antwortet «Ich will!». Im zweiten Akt gibt es Diskussionen ohne Ende anstatt eine klare Ansage. Unverbindlichkeit in der Ansage gehört zum dritten Akt. Und im vierten Akt fahren Mama oder Papa danach aus der Haut, sie «drehen durch», wie das Rogge formulierte.

Keine Anbiederung
Für Jugendliche ist ein Vater des Typs «Kumpel» peinlich. Ein Vater soll Grenzen setzen. Freunde sucht man sich lieber selber. Auch der «Wischi-Waschi-Vater» ist unbeliebt, denn da weiss man nie, was gilt. Und mit einem General, der meint ein Befehl genüge und schon werde dieser ausgeführt, lernen Jugendliche meist schnell in ihrem Sinne umzugehen. Kinder und vor allem Jugendliche wünschen klare Ansagen. Man darf sie aber ruhig auch einmal in den Hammer laufen lassen, ist Rogge überzeugt. Gelassenheit ist für Eltern zu diesem Zeitpunkt die allerwichtigste Eigenschaft.

Eltern müssen oft Prellbock für die Stimmungen ihrer Kinder und Jugendlichen sein. Die Grosseltern dagegen haben keinen eigentlichen Erziehungsauftrag mehr, sondern können mitfühlende Begleitpersonen sein, müssen sich nicht pädagogisch korrekt verhalten, wie Rogge spöttisch anmerkte. Grosseltern haben bereits ein gelebtes Leben über längere Zeit, das interessiert Kinder.

Dankbarkeit und Demut gehören für Jan-Uwe Rogge unbedingt ins Repertoire von Erziehern. Anhand des Gleichnisses vom verlorenen Sohn zeigte er auf, wie die Haltung dieses Vaters einen Neuanfang ermöglichte. Auch Demut sei wichtig: als Elternteil müsse man sich selber infrage stellen können.

Humor hilft
Für Eltern gab es an den Veranstaltungen verschiedene hilfreiche Anstösse. Erziehungsfachmann Rogge legte an beiden Vortragsabenden besonderes Gewicht auf die Funktion des Humors. Er selber machte das auch vor, indem er seine Ausführungen immer wieder mit einer Pointe unterstrich und so die Zuhörerschaft zum Lachen brachte.

Die wichtigsten Erkenntnisse
  • Ein Kind braucht andere Kinder, um von ihnen zu lernen.
  • Gelassene Eltern haben weniger Stress.
  • Kinder wünschen klare Ansagen.
  • Liebe, Dankbarkeit und Demut sind wichtige Begriffe im Umgang mit Kindern.
  • Auch Eltern dürfen einmal hässig sein.
  • Eltern sollen jedes Kind so annehmen, wie es ist.
  • Kindern brauchen eigene Oasen und Zeit zum Träumen.
  • Humor hilft bei verkorksten Erziehungsversuchen.
  • Eltern müssen Vorbild sein, authentisch erscheinen.
  • Der Schulweg ist wichtig und sollte möglichst ein Fussweg sein.
  • Als Ehepaar immer mal wieder kinderfreie Wochenenden einplanen.
  • Die Schule sollte Ergebnisse aus der Hirnforschung in ihre Stundenpläne einbeziehen.
Bücher Rogge
<i>Eine Auswahl an Büchern von Jan-Uwe Rogge<i>